Darf mein Kind auf die Intensivstation?

Der Besuch von Kindern auf Erwachsenen-Intensivstationen ist von Haus zu Haus unterschiedlich geregelt. Trauen Sie sich beim Personal nachzufragen, ob ein Besuch möglich ist und auch dementsprechend begleitet wird.

Achtung: Aufgrund von COVID-19 kann es zu Abweichungen bei den Besuchsregelungen kommen.

Hier finden Sie Auszüge aus dem Fachartikel: Brauchle M, Wildbahner T, Dresbach D:
Dafür bist du (NICHT) zu klein!“ Kinder als Besucher auf Intensivstationen. DIVI 2018; 9: 72–78.

Obwohl die Erwachsenen meinen, die Kinder davor schützen zu müssen, eine*n Intensivpatienten*in zu sehen, ist es für einige  Kinder wichtig zu wissen, wo ihr*e Angehörige*r über Tage oder sogar Wochen verweilt. Geschwisterbesuche sind seit den 1980er-Jahren auf Kinderintensivstationen ganz normal und es sind keine Daten bekannt, die auf negative Auswirkungen für die Besucherkinder oder erhöhte Infektionsraten hinweisen. Im Gegenteil, Kinder erleben ein geringeres Maß an Angst und Hilflosigkeit und fühlen sich dem Familienverband mehr zugehörig, wenn sie in die Besuchsrituale mit eingebunden werden.

Erfahrungen haben gezeigt, wenn die Kinder gut vorbereitet zu dem*der Angehörigen kommen, daraus positive Erlebnisse entstehen. In den meisten Fällen fühlten die Kinder keine Angst mehr vor dem, was sie sahen und hatten den Mut, nach mehr Informationen zu bitten. Außerdem wiesen Kinder, die Eltern/nahe Bezugspersonen auf einer Intensivstation besuchen durften, weniger emotionale Belastungen auf. Trotzdem darf kein Kind zum Besuch gezwungen werden.

Die wichtigste Voraussetzung ist, dass Kinder auch nach dem Besuch auf der Intensivstation eine*n Ansprechpartner*in haben. Es muss ihnen ermöglicht werden, durch Gespräche das Gesehene und Erlebte zu verarbeiten.

Empfehlungen für die Praxis:

Einleitend muss gesagt werden, dass jeder Besuch eines Kindes auf einer Intensivstation individuell abgestimmt werden muss. Das Gespräch mit dem Kind vor dem Besuch spielt die wohl bedeutendste Rolle. Es muss altersentsprechend informiert werden. Dem Kind muss gesagt werden, dass es das Zimmer zu jeder Zeit wieder verlassen kann, wenn es sich unwohl fühlt.

Der Besuch der Kinder kann ferner für den*die Patient*in einen enormen Motivationsschub bedeuten. Sei es bei den Großeltern, die sich freuen, den Enkel*die Enkelin zu sehen, oder bei den Eltern, da der Beschützerinstinkt geweckt wird.

Weiters können Kinder jeden Alters für die gesamte Familie durch ihr Vertrauen, ihren Optimismus und ihre Worte eine Quelle der Aufmunterung sein.

Wichtige Informationen zur Hygiene:

Viele Krankenhäuser verfolgen für einen Besuch folgende eigene Richtlinien. Diese gelten nicht nur für Kinder:

Kein Einlass bei:

  • Fieber, Husten, Erkältung
  • Herpesinfektion, Rhinitis/Schnupfen (in Einzelfällen ist hier nach ärztlicher Entscheidung das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes möglich)
  • Konjunktivitis/Bindehautentzündung

Sollten Sie sich oder Ihr Kind krank fühlen oder unsicher darüber sein, fragen Sie - zum Wohl Ihres*Ihrer kritisch kranken Angehörigen auf der Intensivstation - vor dem Besuch nach.

Hilfestellung für Eltern

Was Kindern hilft:

  • Zuwendung geben
  • Alltagsroutinen einhalten
  • Jederzeit als Gesprächspartner*in zur Verfügung stehen
  • Handlungsspielräume ermöglichen
  • Fragen zulassen und ehrlich beantworten
  • Kinder brauchen andere Kinder (Kindergarten, Schulbesuch)
  • Helfen, das Unglück zu begreifen (malen, modellieren, Rollenspiele)
  • Den Kontakt zum*zur Angehörigen erleichtern (Bilder malen, Kuscheltier auf der Station lassen)
  • Eigene Gefühle ansprechen
  • Darüber reden, dass es normal ist, traurig zu sein
  • Weinen nicht unterbinden, sondern zulassen
  • Nur jene Fragen beantworten, die das Kind stellt
  • Grenzen setzen z.B. beim Konsum von Medien, Einhalten von Schlafenszeiten

Hier finden Sie mehr zum Thema: https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/abstract/10.1055/a-1773-8546

Zusatzinformationen

Interessenskonflikte: Keine
Autor*innen: Maria Brauchle, DGKP, Akademisch zertifizierte Expertin in der Intensivpflege, Abteilung für Anästhesiologie und Intensivmedizin Interdisziplinäre ICU LKH Feldkirch/Österreich
Redaktion: Mag. Dr. Magdalena Hoffmann, MSc, MBA
Datum: 30.01.2021
Version: 1.0
Copyright-Vermerk für Fotos: Julia Brunner
Weiterführende Literatur:
• Clarke C, Harrison D: The needs of children visiting on adult intensive care units: A review of the literature and recommendations for practice. J Adv Nurs 2001; 34: 61–68
• Franz M: Tabuthema Trauerarbeit. 7. Auflage, München: Don Bosco Medien GmbH, 2013
• Juen B, Brauchle G, Beck T et al.: Handbuch der Krisenintervention, Innsbruck, Studia, 2003
• Knutsson S, Bergbom I: Custodians´ viewpoints and experiences from their child´s visit to an ill or injured nearest being cared for at an adult intensive care unit. J Clin Nurs 2007; 16: 362–371 • https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/abstract/10.1055/a-1773-8546
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